Erster Synodalitätstag eröffnet die gesamtschweizerische Synodale Erprobungsphase (2025-2029)
Die katholische Kirche in der Schweiz will synodaler werden. Auf gesamtschweizerischer Ebene sollen zwischen 2025 und 2029 Vorgehensweisen, Prozesse und Beteiligungsformen von der Themenfindung bis zu Entscheidungen entwickelt, überprüft und erprobt werden. Dazu dient die Synodale Erprobungsphase.
Die Konkretisierung dieser Synodalen Erprobungsphase liegt in der Zuständigkeit der Synodalitätskommission der Schweizer Bischofskonferenz. Die Synodalitätskommission wird gemeinsam von der Schweizer Bischofskonferenz und der Römisch-katholischen Zentralkonferenz getragen. Zum Start der Synodalen Erprobungsphase fand am 3. Dezember 2024 der erste Synodalitätstag im Kloster Engelberg statt. Es ist ein jährlicher Austausch über die Synodale Erprobungsphase zwischen Bischofskonferenz, Präsidium der RKZ und Synodalitätskommission vorgesehen.
Erster Synodalitätstag: Impulse für die Schweiz
Dass der bisherige weltweite Synodale Prozess in der ganzen katholischen Kirche nachhaltig wirken soll, hat der Schlussbericht der Weltsynode bzw. Bischofssynode in Rom (Oktober 2024) eindrücklich unterstrichen. Papst Franziskus hat die Bedeutung des Schlussberichts Ende November mit einem klaren Signal gestärkt: In einer kirchenrechtlich verbindlichen „Nota“ stellte er den Bericht ohne Änderungen auf die Stufe des päpstlichen Lehramtes und machte ihn damit für die Weltkirche verbindlich. Die Umsetzung der Impulse wird ausdrücklich erwartet. Die Ortskirchen und jeweiligen Bischofskonferenzen sollen dabei selbst entscheiden, wie sie die Vorgaben der Synode in ihren Kontexten umsetzen wollen.
Diese Dynamik des synodalen Prozesses unterstrichen auch die drei Synodenteilnehmenden aus der Schweiz beim ersten „Synodalitätstag“. Bischof Felix Gmür (Delegierter der Schweizer Bischofskonferenz), Helena Jeppesen (Delegierte des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen) und Claire Jonard (Moderatorin) blickten auf die Synode in Rom vom Oktober 2024 zurück – und sie formulierten klare Perspektiven für die Weiterarbeit sowohl weltweit als auch in der Schweiz:
- Das synodale Gespräch, die Methode des Gesprächs im Geist, ist wichtig für wirksame Impulse zu Veränderung und Umkehr. Für die Schweiz heisst dies, Massnahmen für kontinuierliche Weiterbildungen in Synodalität zu schaffen, damit die synodale Arbeitsweise wirksam im Leben der Kirche Wurzeln schlagen kann.
- Die Rückmeldungen an der Synode in Rom, die von ökumenischen Gästen kamen, waren wertvolle Anregungen zur Weitung des Blicks und bestehender Problemwahrnehmungen. Das Potenzial der Ökumene soll auch in der Schweiz stärker gehoben werden.
- Gerade in der Frage der Weihe von Frauen verhielt sich die Synode in Rom selbstbewusst. Sie forderte eine ernsthafte Bearbeitung des Themas ein und konnte sich durchsetzen und Rechenschaft verlangen. Die Bischofskonferenz der Schweiz ist nun aufgefordert in der kommenden Zeit darauf hinzuwirken, dass die zuständige Kommission in Rom die offenen Themen ernsthaft und transparent bearbeitet.
- Das Thema der Rechenschaft und der Transparenz der Abläufe gilt es auch in der katholischen Kirche in der Schweiz verstärkt zu bearbeiten.
- Die Art und Weise der Feier der Liturgie soll Spiegel der Kirche sein. Dazu müssen die Feierformen daraufhin überprüft werden, ob sie geeignet sind, den synodalen Charakter der Kirche darzustellen.
- Eine synodale Kirche übt geteilte Verantwortung aus. Diese Verantwortung aller gelingt mit einer differenzierten und überprüfbaren, rechenschaftspflichtigen Verantwortung klar definierter Rollenträger und Rollenträgerinnen.
- Vielfalt anzuerkennen und Subsidiarität der Zuständigkeiten in der Kirche waren zentrale Aspekte des synodalen Lernprozesses. Diese Stichworte sind auch für die Schweiz und ihre interne Vielfalt wichtig.
- Mit dem Schlussbericht der Synode liegt ein Auftrag und zugleich ein grosser Gestaltungsraum für dringende Veränderungen in der Kirche vor. Der deutliche Wille des Papstes, konkrete Umsetzungen zu gestalten, muss in der Schweiz zügig aufgenommen werden.
Die Teilnehmenden dieses ersten Synodalitätstages waren sich einig: Mit der Synode in Rom gibt es starken Rückenwind für die Vertiefung und Weiterentwicklung einer synodalen Kirche in der Schweiz.
Herausforderungen der Kirche synodal beantworten
Diese synodale Haltung wird dringend benötigt, um die gegenwärtigen Herausforderungen der katholischen Kirche in der Schweiz zu bewältigen. Die Anwesenden am Synodalitätstag nahmen sich Zeit, um die Hauptthemen der Kirche zu benennen, die eine grundlegende Neuausrichtung bzw. Umkehr der Kirche verlangen.
- Die katholische Kirche ist in zentralen Punkten herausgefordert: Die Glaubwürdigkeit und Relevanz von Kirche und Glaube stehen für viele Menschen wie auch für weite Teile der Gesellschaft in Frage. Hier sind grundsätzliche Veränderungen gefragt.
- Zugleich müssen auch strukturelle Reformen, Vereinfachungen und konkrete Lösungen für die Bewältigung rückläufiger Finanzen gesucht und gefunden werden. Hier braucht es auch synodale, breit mitgetragene Willensbildung.
- Das in den letzten Jahren gewachsene Verständnis der gleichen Taufwürde aller in der Kirche muss zu einem grundsätzlichen Verständnis werden. Es darf nicht nur eine Lückenbüsser-Funktion angesichts sinkender Zahlen professioneller Seelsorgender übernehmen.
- Avanti: Eine zügige Umsetzung von Veränderung und von Reformen wird mit Nachdruck erwartet.
Am Nachmittag präsentierte der neue Geschäftsführer der Synodalitätskommission, Fredy Bihler, die ersten Planungen für die eingeleitete Synodale Erprobungsphase. Er fasste Herausforderungen und Haltungen für synodales Arbeiten zusammen und skizzierte ein erstes grobes Raster für die Arbeitsebenen, Zuständigkeiten und zeitlichen Etappen der auf fünf Jahre angelegte Synodalen Erprobungsphase.
Aus dem anschliessenden synodalen Gespräch ergaben sich dazu weitere wichtige Hinweise:
- Die Einübung und Erprobung synodaler Gesprächsmethoden ist notwendig, um Synodalität in der Kirche zu verankern.
- Die verschiedenen Etappen und Arbeitsschritte in einer synodalen Kirche sollen differenziert bearbeitet und erprobet werden: von der Themensetzung über die Unterscheidung bis zur Entscheidung und Umsetzung.
- Die Dringlichkeit der Themen und ihrer Priorisierung ist hoch. Die Synodalitätskommission muss zu Beginn ihrer Arbeit sowohl zentrale Themen definieren wie auch konkrete prozedurale Bausteine entwickeln, damit Synodalität gelingt und fruchtbar wird.
DNA der Kirche
Abgerundet wurde der erste Synodalitätstag mit einer biblischen Aktualisierung. Das Präsidium der Synodalitätskommission übertrug die Erzählung vom „Apostelkonzil“ (Apostelgeschichte 15) auf das heutige Verständnis von Synodalität. Es wurde deutlich: Die Erfahrung des Anfangs der Kirche ist immer noch aktuell. Synodalität gehört eben zur DNA der Kirche. Sie muss immer wieder neu entdeckt und eingeübt werden – dann zeigt sie sich als geisterfüllter Motorraum einer lebendigen Kirche.